Aus der Interview-Reihe „Nachgefragt“, Herr StD Martin Murrack im Interview mit BIM-events.de zum Thema BIM organisatorisch gestalten
BE: Sehr geehrter Herr Murrack, die Stadt Duisburg ist für das strategische, vorbildliche Vorgehen zu BIM in seiner Komplexität als Ganzes bekannt. Können Sie uns dazu mehr sagen?
Herr StD Murrack: Die Stadt Duisburg und das Immobilien-Management Duisburg beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit der Einführung von Building Information Modeling (BIM) mit dem Ziel eines nachhaltigen und ressourcenschonenden Planens, Bauens und Betreibens von Gebäuden. Bisher werden Bauwerksinformationsmodelle zur Erreichung der priorisierten Ziele im Hinblick auf Kosten- und Terminsicherheit, einheitlicher Rollen- und Verantwortlichkeiten und einem nachhaltigen Datenmanagement in fünf noch laufenden big/open BIM-Pilotprojekten umgesetzt. Aktuell wird die organisationsweite Implementierung von BIM-Projekten vorbereitet, wobei der Schwerpunkt auf den Nachhaltigkeitszielen rund um den Klima- und Umweltschutz liegt.
BE: Können Sie uns die Nachhaltigkeitsziele stichpunktartig nennen?
Herr StD Murrack:
- Gesundes Planen, Bauen und Betreiben
- Schadstofffreiheit
- CO2-Reduzierung und die Erhaltung grauer Energie
- Nachhaltiges Gebäudemanagement, BIM2CAFM
- Nachhaltige Gebäudedokumentation, 3D-Bestandsaufnahme plus 3D-Plattform
- Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz
Wir sehen BIM als Chance, ganzheitlich und über alle Lebenszyklusphasen hinweg Nachhaltigkeitsaspekte in bestehende Planungs-, Bau- und Betriebsprozesse konzernweit zu integrieren.
BE: Vielen Dank für die eindrückliche Darstellung. Wie und mit welchem Team setzen Sie Ihre ganzheitliche Betrachtungsweise im Rahmen von BIM um?
Herr StD Murrack: Ausgangspunkt für alle bisher umgesetzten Maßnahmen im Zuge der BIM-Implementierung war die Zukunftswerkstatt im Jahr 2019, welche durch den Oberbürgermeister Sören Link und die Geschäftsleitung des Immobilienmanagements Duisburg (IMD) beauftragt wurde. Die Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Duisburg nahm hier eine Schlüsselposition im Rahmen der Steuerung, Koordination und Vernetzung ein. Als gemeinsame Thementreiber von ämterübergreifenden Digitalisierungsprojekten werden stets Transparenz, Kosten- und Terminsicherheit in den Vordergrund gestellt. So konnten Entscheidungen und Maßnahmen schnell umgesetzt werden.
Die Einbeziehung des Amtes für Innovation und Zentrale Services, des Amtes für Bodenordnung, Geoinformationen und Kataster sowie der städtischen IT-Tochter DU-IT GmbH führten zu einer verbesserten Nutzung bestehender finanzieller, zeitlicher und personeller Ressourcen.
BE: Das klingt gut. Und was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen in diesem Zusammenhang?
Herr StD Murrack: Als Herausforderung sehen wir die Umstellung der digitalisierten Arbeitswelt auf verschiedenen Ebenen und die Sicherstellung der Schnittstellen an. Wichtig ist dabei insbesondere die Mitnahme aller Beteiligten und die Berücksichtigung sämtlicher Interessen und Bedürfnisse. Es gilt deshalb, weiterhin alle Fachämter mitzunehmen und den ämterübergreifenden Austausch auszubauen. Sollen langfristig die Bauwerksinformationsmodelle ganzheitlich und im Sinne eines nachhaltigen Datenmanagements ämterübergreifend genutzt werden, ergeben sich so auch neue Herausforderungen im Bereich des Datenschutzes. In Bezug auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen einen Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Umsetzung zukommt, haben wir uns darauf verständigt, eine aktive Fehlerkultur zu leben und Fehler zuzulassen und daraus zu lernen. Dieser Prozess sorgt für mehr Mut und Motivation bei der Umsetzung.
BE: Sehr interessant. Duisburg hat in den letzten Jahren in der BIM-Zusammenarbeit eine besondere Reichweite und Fachlichkeit erzielt.
Was war hier die Besonderheit bei der Umsetzung?
Herr StD Murrack: Die Besonderheit bei der Umsetzung der BIM-Zusammenarbeit in Duisburg lag vor allem in der konsequenten Verfolgung einer ganzheitlichen und kooperativen Herangehensweise. Die Stadt hat eng mit verschiedenen Akteuren aus der Bau- und Planungsbranche zusammengearbeitet, um eine umfassende Integration von Building Information Modeling zu erreichen. Durch diesen intensiven Austausch und die enge Zusammenarbeit konnte Duisburg eine hohe Fachlichkeit und Reichweite in der BIM-Zusammenarbeit erzielen. Es wurden innovative Lösungen entwickelt und umgesetzt, um die Effizienz und Qualität von Bauprojekten zu verbessern. Die Stadt hat auch in die Schulung und Weiterbildung der beteiligten Fachkräfte investiert, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten über das notwendige Know-how verfügen.
BE: Danke für den Einblick. Was ist ein Grund für die bisher erfolgreiche Umsetzung von BIM in Duisburg?
Herr StD Murrack: Ein Grund für die bisher erfolgreiche Umsetzung sind vor allen Dingen die engagierten Kolleginnen und Kollegen, die dieses Thema von Anfang an erkannt und vorangetrieben haben. Die Aufgabe der Vorgesetzten ist es, den Kolleginnen und Kollegen den Raum dafür zu bieten. Durch eine klare Vision und das Engagement aller Beteiligten konnte eine effektive Implementierung von BIM in verschiedenen Bauprojekten erreicht werden. Zudem hat die Stadt Duisburg in die erforderliche Infrastruktur und Schulungen investiert, um sicherzustellen, dass alle beteiligten Parteien über das notwendige Wissen und die Ressourcen verfügen, um BIM erfolgreich anzuwenden. Diese ganzheitliche Herangehensweise hat dazu beigetragen, dass BIM in Duisburg bisher erfolgreich voranschreitet.
BE: Sehr gut. Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsstrategien sind eines der zentralen Themen heute. Die Digitalisierung und BIM dienen dabei sicher als wichtige Hebel. Können Sie das bestätigen?
Herr StD Murrack: Die Digitalisierung im Bauwesen und insbesondere Building Information Modeling sind wichtige Hebel für die Förderung von Nachhaltigkeit und die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Durch die BIM-Methode können Informationen effizienter erfasst, analysiert und geteilt werden, was zu einer verbesserten Planung, Ausführung und Verwaltung von Bauprojekten führt. Dadurch können Ressourcen optimiert, Energieeffizienz gesteigert und Abfall reduziert werden. Die Nutzung von BIM ermöglicht auch eine bessere Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren im Bauprozess. Insgesamt tragen die Digitalisierung und BIM dazu bei, Nachhaltigkeitsziele über die Qualität der Rahmenbedingungen messbar zu erreichen und eine umweltfreundlichere Bauindustrie zu fördern.
BE: Vielen Dank. Wo sehen Sie Trends zur Nachhaltigkeit aus kommunaler Sicht in Bezug auf BIM heute und morgen?
Herr StD Murrack: Nachhaltigkeit stellt selbstverständlich einen zunehmend wichtigen Aspekt in der kommunalen Verwaltung dar und Building Information Modeling bietet hier die Chance, fachdisziplinübergreifend nachhaltige Praktiken zu fördern. Aus technischer Sicht liegt der Fokus vor allem in den Auswertungen und Analysemöglichkeiten der Modelle. Ein Beispiel ist die Integration von erneuerbaren Energien in BIM-Modelle oder die Verwendung von BIM zur Förderung von Kreislaufwirtschaft und ressourcenschonendem Bauen. Für einen ganzheitlichen organisatorischen Ansatz innerhalb der Kommune ist vor allem die konzernweite Implementierung in alle Schnittstellen und notwendigen Fachbereiche als Trend zu sehen. So werden wir zukünftig weitere BIM-Bereiche wie den BIM-Bauantrag, BIM-Lagepläne und BIM in der Stadtentwicklung aufbauen. Insgesamt trägt die Einführung von BIM dazu bei, dass Kommunen ihre Infrastrukturprojekte effektiver und effizienter umsetzen können. Die BIM-City wäre somit eine große Chance für den digitalen Zwilling unserer Stadt.
BE: Danke, nun noch eine letzte Frage. Was könnten Kommunen aus Sicht einer Kommune tun, um BIM erfolgreich zu implementieren?
Herr StD Murrack: Zunächst einmal ist es wichtig, bei allen Prozessbeteiligten ein klares Verständnis für die Vorteile und Potenziale von BIM zu entwickeln. Dies kann durch Schulungen und Informationsveranstaltungen erreicht werden.
Des Weiteren sollten Kommunen sicherstellen, dass sie über die erforderliche technische Infrastruktur verfügen, um BIM effektiv nutzen zu können. Dies umfasst die Bereitstellung von leistungsfähiger Hardware und Software, aber auch die entsprechende Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren, wie zum Beispiel Planungsbüros und Bauunternehmen. Durch den Austausch von Informationen und die gemeinsame Nutzung von BIM-Modellen können Kommunen die Effizienz und Qualität ihrer Bauprojekte verbessern und sich gemeinsam auf den Weg in die digitale Zukunft begeben.
Nicht zuletzt sollten Kommunen auch die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Nutzung von BIM mitdenken. Dies betrifft die Anpassung von Aufgaben, Verträgen und Richtlinien sowie die Einführung von BIM-Standards.
Insgesamt ist es wichtig, dass Kommunen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und alle relevanten Bereiche berücksichtigen, um eine erfolgreiche Implementierung von BIM zu gewährleisten.
BE: Sehr geehrter Herr StD Murrack, vielen Dank für Ihre Zeit, die vielfältigen und gewinnbringenden Eindrücke