Interview Dr. Erik Boska, Technischer Leiter Bau- und Projektmanagement, GWH Bauprojekte GmbH
Aus der Interview-Reihe „Nachgefragt“ mit Dr. Erik Boska im Interview mit BIM-Events.de.
Dr. Erik Boska ist ein führender Projektentwickler in Deutschland mit zahlreichen Erfahrungen. Wir sprachen mit einem Insider über die momentane Lage der Projektentwickler und wie er die Zukunft sieht.
Du bist häufig unterwegs. Erlebst du viele Streitigkeiten auf dem Bau und was sind die Gründe dafür?
Ja, in der Tat gibt es sehr viele Themen, die strittig sind am Bau. Ich sehe die Schnittstelle zwischen Planung und Ausführung als größte Herausforderung. Das Konzept der baubegleitende Planung bereitet in der Projektrealisierung sehr große Kopfschmerzen. Sehr gute Lösungsansätze bietet das serielle Bauen – von der Modernisierung bis zum Neubau. Projektentwickler müssen dazu jedoch ihr Geschäftsmodell umstellen und in Produktkatalogen denken. Das geht nicht von heute auf morgen.
BIM verspricht, die Kommunikation auf der Baustelle zu vereinfachen und die Prozesse zu beschleunigen. Können diese Versprechen gehalten werden? Wie ist deine Einstellung zu BIM?
Ganz klar: Ja, BIM ist die Methode für kosteneffizientes Planen und Bauen! Als digitale Plattform bündelt BIM zentral alle relevanten Informationen für den Planungs- und Bauprozesse. Damit entfällt redunante Kommunikation. Der Anwendungsfall „Visualisierung“ vermeidet Missverständnisse aufgrund unterschiedlicher Interpretationen. Der Anwendungsfall „Kollisionsprüfung“ bringt Planungsfehler zwischen beispielsweise Architektur und Fachplanung auf den Punkt. BIM ist bereits Standard in der Planung und bei Bauunternehmen. Projektentwickler hängen hier noch ein wenig hinterher. In drei Jahren wird BIM auch bei Projektentwicklern Standard sein. Die Diskussionen, ob es sich grundsätzlich lohnt BIM einzuführen, verstehe ich daher offen gestanden nicht!
In der Branche gibt es das Vorurteil, dass die Projektentwickler nicht sehr fortschrittlich im Bereich BIM sind. Kannst du dies bestätigen und warum gibt es dieses Vorurteil?
Pauschal kann man das nicht sagen. Es gibt Projektentwickler, die bereits im Produktivsystem im gesamten Unternehmen mit BIM arbeiten. Diesen Teil sehe ich jedoch als Speerspitze. Dahinter kommt ein Teil, der noch großen Handlungsbedarf hat. BIM kommt stark aus der Planung – sowohl von Software- als auch von der Marketingseite. Die Projektentwickler wurden ein wenig vernachlässigt.
Bei Diskussionen mit deinen Kollegen über BIM. Was ist deine Kernbotschaft?
1. BIM ist bereits Standard. 2. BIM vereinfacht die Projektrealisierung für alle Beteiligten. 3. Dein Unternehmen braucht eine individuelle BIM-Strategie.
In den Medien wird der Projektentwickler häufig als der Bad-Boy dargestellt. Was kann der Projektentwickler tun, um dieses Bild zu ändern?
Da konsumieren wir scheinbar unterschiedliche Medien. Ich kenne dieses Bild nicht. Ich kenne das Bild des Projektentwicklers, der eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft hat und zum Beispiel dringend benötigten Wohnraum zur Verfügung stellt – auch wenn dies aktuell nicht einfach ist.
Die Zinserhöhungen und der Ukraine-Konflikt haben der Immobilienbranche und den Projektentwicklern schwer zugesetzt. Wie ist die Stimmung unter den Projektentwicklern? Gibt es schon Licht am Ende des Tunnels?
Die Stimmung ist im Keller. Wie habe ich es letztens so schön gehört, es gibt noch einige wenige, die in der Küche tanzen, die Musik ist jedoch schon lange aus. Das Licht am Ende des Tunnels muss jeder für sich selbst anknipsen. Ich denke in jedem Haus laufen aktuell Initiativen zum kosteneffizienten Planen und Bauen. Besonders erfreulich hierbei ist, dass zwischen den Entwicklern Ideen und Arbeitsergebnisse im open source Verfahren ausgetauscht werden. Das kannte ich bislang nur aus der Softwareindustrie.
Können Sie noch den folgenden Satz vervollständigen: Ein guter Projektentwickler ist….
…flexibel, denkt sein Geschäftsmodell neu und hat BIM als Grundlage in seinen Prozessen verankert.
Über Dr. Erik Boska