Wie BIM-Beratung ziegerichtet genutzt werden kann
Aus der Interview-Reihe “Nachgefragt” mit Oliver Langwich von focus:BIM im Interview mit Bim-Events.de.
Herr Oliver Langwich, Sie sind in der BIM-Szene kein unbekannter Kopf. Für die, die Sie noch nicht kennen, können Sie sich kurz nochmals vorstellen?
Mein Name ist Oliver Langwich, Geschäftsführer der focus:BIM GmbH, von Haus aus Konstruktiver Bauingenieur, BIM Experte (EIPOS) und seit 2009 in diesem Bereich unterwegs. In diesem Kontext beschäftige ich mich sehr stark mit den Themen Arbeitsweise & Methodik, der Implementierung neuer Software & Prozesse sowie digitalen Zwillingen. Einige kennen mich vielleicht auch durch meinen privaten Revit® Blog (Revit – Dynamo – BIM – Ein Blog über Revit, Dynamo und Building Information Modeling (revit-dynamo-bim.com) oder als Co-Founder der Revit User Group D-A-CH.
Wo stehen die meisten Kunden hinsichtlich BIM und welche Hindernisse begegnen Ihnen als BIM-Berater?
Es ist so, dass die meisten von BIM gehört und insbesondere im Infrastrukturbereich, damit auch schon zu tun bekommen haben. Das bedeutet, dass es „BIM Projekte“ gab, mit mehr oder weniger aussagekräftigen Anforderungen hinsichtlich der Anwendung der Methode BIM im jeweiligen Projekt. Um diesen Anforderungen Genüge zu tun, gibt es viele Büros und Unternehmen, die bereits versucht haben, sich entsprechend aufzustellen. Trainings für die Autorensoftware zur Erstellung von Modellen ist i.d. Regel das Erste, was von den Unternehmen genannt wird, wenn man fragt, welche Schritte sie bereits unternommen haben, um entsprechende BIM-Fähigkeiten sowohl auf der Ebene der Mitarbeiter wie auch des Unternehmens herzustellen.
Dass es mit dem Training der Mitarbeiter in der Autorensoftware nicht getan ist, um „Fertig“ zu sein, sehen viele dabei nicht oder werden nicht dementsprechend beraten. Die Folge davon ist, dass Mitarbeiter unvorbereitet und ohne die erforderliche „Mindestausstattung“ von Null auf gleich 3D Modelle erstellen sollen. Nicht selten genug, muss das Modell zusätzlich auch noch in einem Gesamtkontext mit Modellen anderer Fachplaner eingebunden werden inkl. entspr. Anforderungen hinsichtlich geometrischer und informativer Ausprägung der Objekte (Level of Geometry / Level of Information). Objektorientiertes Arbeiten allein ist für viele dabei sowieso schon Neuland (genug).
Oft ist es leider immer noch die Geschäftsführung, die nicht erkennt, dass es sich beim Umstieg auf die neue Planungsmethodik um einen echten Change handelt, der entsprechend mit einem Change-Management, klaren Aussagen zu Budget, Ressourcen und Zielen eingeleitet, begleitet und kontinuierlich bewertet werden muss.
Immer noch gern, teilweise auch zurecht, werden Argumente hinsichtlich der Vergütung, fehlender Standards und Richtlinien ins Feld geführt. Darüber kann man, muss man leider auch im Jahr 2022 immer noch diskutieren, da die Grundlagen seitens der öffentlichen Auftraggeber erst allmählich mit verschiedenen Initiativen und dem Masterplan BIM für Bundesbauten bzw. Bundesfernstraßen inkl. Schaffung eines nationalen Kompetenzzentrums BIM, Handreichungen, Standards etc., geschaffen worden sind / sich im Aufbau befinden.
In Deutschland scheuen sich viele Firmen davor Beratung anzunehmen, da es viel Geld kostet und der Mehrwert ist nicht sofort klar. Wie sehen Sie das und wie gehen Sie damit um?
Wir haben vor einigen Monaten ein Konzept inkl. dazugehöriger Bauteile für die Autorensoftware Revit® verschenkt. Leider hat keiner das kostenfreie Geschenk haben wollen. So gesehen könnte man vermuten, dass etwas, das nichts kostet, auch nichts sein kann. Dabei könnte man mit dem Konzept zur Geländer-Erstellung auf Brückenbauwerken durchaus Zeit und Geld sparen sowie die Modell Performance positiv beeinflussen.
Ich habe leider oft den Eindruck, dass die Firmen zwar auf der einen Seite gern „jammern“, weil die Umstellung auf die BIM Methodik Geld kostet. Aber auf der anderen Seite scheinen sie aber weniger daran interessiert zu sein, sich die Erfahrungen eines Beraters wie wir es sind, zunutze zu machen.
Stattdessen erleben wir öfters, dass selbst probiert und „herumgedoktert“ wird. Das kostet Zeit, Ressourcen und Geld. Natürlich muss ich als Berater auf den Kunden eingehen, sein Geschäftsmodell verstehen und die daraus resultierenden Anforderungen. Mein Ziel und das versuche ich auch dem potenziellen Kunden klarzumachen, ist nicht seine Abhängigkeit von mir! Er soll am Ende, wenn wir gemeinsam den Weg gegangen sind, allein „Laufen“ können. Bei meiner Tochter möchte ich schließlich auch nicht ein Leben lang neben dem Fahrrad herlaufen, sondern nur so lange, bis Sie sich sicher fühlt und fahren kann.
Was macht einen guten BIM-Berater aus?
Wie schon gesagt, denke ich, dass man immer bestrebt sein sollte, offen und auch wenn es platt klingen mag, ehrlich zu sein. Pro Kunde ist die Grundhaltung, die wir versuchen einzunehmen. Natürlich wollen auch wir Geld verdienen, aber Fairness ist eine unserer Grundprinzipien.
Neben dieser Grundeinstellung sollte er ein gutes technisches Verständnis mitbringen. Er sollte BIM bei vielen Dingen, die uns als Gesellschaft aktuell gerade bewegen, als Methode und Chance zugleich betrachten.
Ich sage nicht, dass wir mit BIM Krebs heilen können, um es überspitzt darzustellen. Genauso wenig ist es die Antwort auf alle Fragen und jedes Projekt wird damit harmonisch und absolut fehlerfrei verlaufen. Aber natürlich können wir erst Digital dann Real bauen und dabei Bauwerke im Energieverbrauch optimieren, die Grundlagen für neue Fertigungsmethoden schaffen, Bau-Stoffkreisläufe besser planen und das Thema Wiederverwertbarkeit stärker in den Fokus nehmen. Welchen Impact haben unsere Bauwerke, welche Variante wäre eine optimale Mischung aus Design, Energieverbrauch, CO2 Footprint und Kosten? Computer, Cloud, Generative Design, Automatisierung in Planung & Ausführung ermöglichen uns ganz neue Möglichkeiten und Antworten. Dementsprechend würde ich eine hohe IT-Affinität gepaart mit Neugier ebenso als Grundvoraussetzung sehen, wie eine gute Kommunikationsfähigkeit. Denn wir sollten gerade in „BIM Projekten“ nicht weniger miteinander sprechen, sondern tendenziell mehr.
Kein Projekt ist wie das andere, BIM ist nicht gleich BIM. Sie haben schon sehr viel Projekterfahrung. Wenn Sie sich zurückerinnern, welche 3 Tipps geben Sie Unternehmen, welche sich überlegen ein BIM-Projekt zu initiieren?
Die Klassiker unter den BIM Beratern:
- Ein kleines, nicht allzu kompliziertes Projekt nehmen
- Entsprechende Ressourcen einplanen und den Projektstart vorbereiten (Trainings, Vorlagen / Standards, ggf. erforderliche Bauteile, COACHING / Training on the Job (durch uns beispielsweise)
- Eine neue Fehlerkultur etablieren, denn durch Fehler lernen wir
Abschließend möchte ich noch ergänzen, dass wir in Deutschland gut daran täten, nicht immer auf die 100% Lösung oder Umsetzung zu warten / zu setzen. Wenn ich beim Startprojekt bereits 80% der gesteckten realistischen (!) Ziele erreiche, wäre das meiner Meinung nach schon ein großer Erfolg. Die Einführung einer neuen Arbeitsmethodik ist kein Sprint, die Arbeit geht danach weiter und das Bild eines Langstreckenlaufs passt hier als Analogie immer noch sehr gut.
BIM liegt im Trend. Sie bieten auch Trainings und Schulungen in diesem Bereich an. Wenn sich Menschen überlegen sich mit BIM auseinandersetzen, auf welche Schulungen sollte er sich konzentrieren? Gibt es ein einfaches Rezeptbuch, um erfolgreich in BIM zu werden?
Eine gute Basis, auch für Nicht-Modellierer oder Koordinatoren ist unser BIM Professionell Certification / Foundation (Basis) Kurs. Wir versuchen an zwei intensiven Tagen (16 Unterrichtseinheiten) die wesentlichen Grundlagen zum Thema BIM zu vermitteln und ein Grundverständnis zu schaffen. Am Ende des Kurses sollten alle einen guten Überblick über Thema, Stand und Herausforderungen haben, sowie nach erfolgreich abgelegter Prüfung, das entsprechende Zertifikat vom buildingSMART.
Danach ist es wie im Studium oder der Fahrschule. Mit dem Kurs beginnt eigentlich erst der Weg und den muss jeder selbst weiter vertiefen bspw. im Practitioner Kurs für BIM Koordinatoren / Manager. Diesen werden wir voraussichtlich ab Juli 2022 anbieten und der aus mindestens 32 Unterrichtseinheiten, praktischen Übungen und einer komplexen Fachaufgabe im Prüfungsteil bestehen wird.
Ein anderer Kurs der laut Aussagen von Kunden sehr wesentlich für alle Planungsbeteiligten ist, ist das Grundverständnis zum Herstellerneutralen Datenaustauschformat IFC (Industry Foundation Classes). Dazu aufbauend passt ein weiterer Kurs, der den wesentlichsten Aspekt bei BIM, das Informationsmanagement zum Inhalt hat. Diesem widmen wir uns in einem separaten Training und bieten flankierend dazu gezielte Einsteigertrainings zum Softwarekomplex BIM Viewer und Modell-Checker wie bspw. BIMCollab, Navisworks oder DESITE BIM an.
Gern geben wir unsere Empfehlung ab, wer welchen Kurs wann besuchen sollte. Lieber wäre mir aber, wir würden vorher miteinander sprechen bevor wir ein allgemeingültiges „Rezept” ausstellen.
Bitte ein letztes Statement: Bitte vervollständigen Sie den Satz: “Eine gute BIM Beratung ist…
…ein Single Source of Information and Inspiration.”
Kontakt und Informationen über Oliver Langwich und focus:BIM auf Bim-Events.de.