Aus der Interview-Reihe „Nachgefragt“, Arnim Spengler im Interview mit BIM-Events.de.
BE: Hallo Herr Spengler, erzählen Sie doch mal kurz etwas über sich. Wer sind Sie und was genau machen Sie?
AS: Ich bin von Haus aus Bauingenieur und habe mich in den letzten Jahren immer mehr Richtung BIM und Softwareentwicklung im Bauwesen verändert. Derzeit bin ich CTO im Bau Start-Up Bredic Systems GmbH. Hier entwickeln wir Systeme rund um das Themenfeld Baufortschrittserfassung und Auswertung. Idealerweise komplett autonom.
BE: Danke für die kurze Vorstellung. Vorher waren Sie bereits auch in den unterschiedlichsten Bereichen zur Digitalisierung tätig und haben dadurch viel erlebt. BIM in der Forschung, der Politik und der Softwareentwicklung. Stimmt dies und was waren Ihre Rollen oder Aufgaben?
AS: Gerne. Fangen wir mit dem Studium an. Zeitgleich mit meinem Studium habe ich eine kleine Abteilung in der Firma meiner Eltern etabliert, welche Contentmanagement Systeme und eine Videostreamingplattform entwickelt hat. Das war 2000 kurz nach der Dotcom Blase.
Nach meinem Studium habe ich zuerst in der Bauleitung eines eher kleinen mittelständischen Bauunternehmens gearbeitet und habe dort oft mehrere Baustellen gleichzeitig betreut. Später wurden dann die Baustellen größer.
Darauf habe ich in der Wissenschaft angefangen, zuerst in der Logistik im Multiprojektmanagement des EffizienzClusters LogistikRuhr wo wir zusammen mit 160 Unternehmen und 12 Forschungseinrichtungen an der Logistik von morgen geforscht und entwickelt haben. Das Wissen habe ich später genutzt, um an der Universität Duisburg-Essen das Konzept und an den ersten Prototypen eines Mauerwerksdruckers zu erarbeiten.
BE: Dann kam das BIM Cluster NRW?
AS: Ja, stimmt. Ich war dann Mitinitiator des BIM Clusters NRW und habe in der Zeit viel an der BIM Normung mitgearbeitet. National und international.
Doch nicht weniger später wurde ich in das Bauministerium von NRW gerufen, um dort bei der BIM-Einführung in den Kommunen mitzuarbeiten. Eine sehr besondere Zeit.
Vor ca. 2 Jahren habe ich mich dann mit einem guten Freund auf unser Start-Up Bredic Systems konzentriert, wo wir Anfang des Jahres die ersten Investoren gewinnen konnten. Hier bin ich nun für die Softweareentwicklung verantwortlich.
BE: Glückwunsch dazu. Sie haben eine sehr rege Geschichte mit sehr technischer Erfahrung aber auch Expertise in der organisatorischen Einführung. Was sind denn Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen mit BIM, die Sie vor dem Hintergrund aufzeigen können?
AS: Natürlich kommen hier viele Faktoren auf. Fundamental ist aber die erste Meile, also zuerst einmal die Entscheidung zu treffen in einem Unternehmen und Institution BIM zu verwenden und dann den Weg anfangen überhaupt zu gehen.
Denn ist dieses geschafft, überwiegen meistens die Vorteile. Ohne diesen Schritt geht es nicht. Es ist die Grundlage.
BE: Stimmt, das ist sicher ein zentraler Punkt. Welche Lehren sind daraus zu ziehen?
BIM muss von der Geschäftsführung getragen werden. Und zwar einstimmig. Oft erlebe ich es aber, dass BIM von den Mitarbeitenden zuerst an die Geschäftsführung herangetragen wird und hier immer noch eine große Skepsis vorhanden ist. Ich habe auch erlebt, dass BIM eine Art Geheimprojekt innerhalb einer Organisation war. Das kostet sicher Zeit und Geld. Zudem viele Nerven. Oft gehen die Mitarbeiter auch, sind enttäuschst.
Die BIM Einführung ist also gleich bei der Geschäftsführung anzusetzen. Vor allem bei kleineren Betrieben und Handwerkern. Die großen Unternehmen sind mittlerweile bereits besser aufgestellt.
BE: Danke für den guten Input. Kommen wir zu Ihrer Softwareseite. Sie entwickeln ein neues Produkt. Erzählen Sie uns doch etwas mehr darüber, was genau ist es?
AS: Nun, wir entwickeln ein System um in Echtzeit Bauwerke aufzunehmen um diese Informationen weiterzuverarbeiten. Hier konzentrieren wir uns derzeit auf den Rohbau und den erweiterten Rohbau. Langfristiges Ziel ist es, alle Positionen eines Leistungsverzeichnisses, sofern es der Kunde wünscht, automatisiert aufnehmen zu können. Mit den Daten pflegen wir dann intern ein eigenes As-Built Modell. Das Besondere daran ist neben der automatischen oder teilautomatischen Datenaufnehme auch, dass das BIM Modell im Hintergrund entsteht. Wir nennen das „on the fly“, besondere BIM Kenntnisse benötigt man hierfür nicht. Derzeit können wir mit hoher Genauigkeit Fertigteile, Materialbewegungen, Schalungen und größere Maschinen in Echtzeit aufnehmen. Also alles, was eine gewisse Größe besitzt. Aktuell entwickeln wir die Aufnahme der manuellen Prozesse weiter. Unser System lässt sich jedoch auch komplett manuell bedienen.
BE: Das klingt auf alle Fälle sehr überzeugend und verspricht mehr Kontrolle. Welche Prozesse werden durch Ihr neues Produkt vereinfacht?
AS: Das sind recht viele. Denn unser System erfüllt Querschnittsaufgaben und kann daher zahlreiche Prozesse unterstützen, was es auch von anderen Anbietern mit ähnlichen Produkten abhebt.
Konkret als eigene Module integriert haben wir derzeit folgende:
- Baufortschrittskontrolle im Rohbau, hierunter fällt auch das automatische Fortschreiben des Bauzeitenplans.
- Tracking and Tracing von Baumaterialen oder Maschinen auch über weite Instanzen hinweg, da unsere Systeme komplett autark arbeiten.
- Hier ist eine Besonderheit, dass die Webcambilder nach Prozessen und Bauteilen sortiert werden können. Wenn gewünscht, werden die Bilder KI gestützt analysiert.
- Einfaches Dokumentenmanagement. Hier ist eine Besonderheit, dass die Dokumente wie Bilder mit dem BIM Modell, Bildern, Bauzeitenplan, Positionen, eigentlich mit allen anderen Informationen in unserem System verlinkt werden können.
- Automatische Generierung von Reports zum Baufortschritt…
BE: Der Fokus liegt auf der Datenverarbeitung?
AS: Ja. Das hier ist nur ein Ausschnitt. Aber man sieht tatsächlich, dass unsere Stärke die automatische Generierung von Daten ist und dessen Vorverarbeitung ist. Wir wollen, dass unsere Kunden „ihre“ liebgewonnen Tools weiter- verwenden können und diese durch uns smarter werden.
BE: Vielen Dank für den interessanten Einblick. Zum Abschluss habe ich noch eine letzte Frage. Welche Trends im BIM Bereich sehen Sie?
AS: Ich denke, dass BIM durchaus im Markt angekommen ist. BIM funktioniert und ist mittlerweile in vielen Bereichen standardisiert. Auch viele Softwaretools unterstützen BIM. Es spricht also kein methodenbedingter, technischer oder (aus meiner Erfahrung) wirklicher ökonomischer Grund gegen den Einsatz von BIM. Vielen Softwaretools merkt man auch nicht mehr an, dass diese im Hintergrund nach der BIM-Methodik arbeiten.
Meiner Ansicht nach ist ein eindeutiger Trend, dass es immer mehr innovative Lösungen gibt und geben wird, die auf der BIM Methodik aufsetzen. Dieses wird zur breiteren Akzeptanz von BIM beitragen.
Auch denke ich, dass Zukunftstechnologien im Bauwesen die BIM Methodik als Grundlage verwenden. Z.B. der Gebäudedruck, hier ist es wirklich sinnvoll BIM Modelle zu verwenden.
Vor dem Hintergrund von Bredic sehe ich ganz klar den zukünftigen verstärkten Einsatz von (BIM) Softwaretools um den Menschen zu unterstützen, arbeiten leichter von der Hand gehen zu lassen und ihn von lästigen Pflichtaufgaben zu befreien.
BE: Sehr informativ. Vielen Dank für das Interview.