Experten: Planer und Baubetriebe bei der Digitalisierung unterstützen
Deutscher Bundestag
Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden haben die Politik bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen unter Vorsitz von Mechthild Heil (CDU/CSU) dazu aufgerufen, Planungs- und Bauunternehmen bei der Digitalisierung gezielt zu unterstützen und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Mehrfach wurde zudem die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand betont, wenn es um Prozesse rund um Vergaben und Normierung geht. Anlass zu der Aussprache am Mittwoch, 15. Januar 2020, hatten die Fraktionen CDU/CSU und SPD mit einem Antrag zur „Digitalisierung des Planens und Bauens“ (19/14341) geliefert sowie die FDP-Fraktion mit einem Antrag zu „Smart Building – ein Update für den Wohnungsbau“ (19/14026).
„Breitband in der Fläche umsetzen“
Die Politik könne Orientierung geben, ökonomische Rahmenbedingungen setzen und Investitionssicherheit schaffen, sagte der Leiter der Hauptabteilung Wirtschaft beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe, Dr. Andreas Geyer. Breitband müsse in der Fläche umgesetzt werden, da die Bauindustrie kleinteilig und häufig dezentral angesiedelt sei. Wichtig sei bei Ausschreibungen, dass klare Erwartungen mit Blick auf Building Information Modeling (BIM) formuliert würden. Die Anforderungen müssten klar sein.
Das bekräftigte Dr.-Ing. Markus König, Professor am Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen an der Ruhr-Universität Bochum. Kleine und mittlere Unternehmen seien anpassungsfähig, sagte er.
„Pilotprojekte verstetigen“
René Hagemann-Miksits, Geschäftsbereichsleiter Technik, Bausparten und Nachhaltigkeit beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, fand es wichtig, dass die öffentliche Hand eine Vorreiterrolle übernehme. Pilotprojekte müssten verstetigt werden, Unternehmen bräuchten generell Unterstützung – so sei zu überdenken, ob Normungen Privatsache bleiben sollten. Die Branche bekomme Wettbewerbsprobleme.
Dem pflichtete Diplom-Ingenieur Johannes Reischböck von der Plattform BIMobject Deutschland GmbH bei. Auch bei der Normung sehe man die öffentliche Hand in der Pflicht. Reischböck begrüßte es, dass sich die öffentliche Hand grundsätzlich stärker engagiert, etwa im Rahmen des nationalen BIM-Kompetenzzentrums.
„Bewusstsein für Chancen der Digitalisierung wecken“
Dr. Jan Tulke, Geschäftsführer des Bündnisses planen-bauen 4.0 GmbH, hob dabei die Rolle von Modellvorhaben hervor: Der Vorbildcharakter für die Privatwirtschaft werde deutlich, kleineren Unternehmen falle es leichter, sich an den neuen Prozessen zu beteiligen.
Daniel Mondino, Professor für Digitales Integriertes Prozessmanagement – Planen an der HafenCity der Universität Hamburg, unterstrich dabei die Bedeutung der Menschen hinter der Digitalisierung. Die Einstellung derer, die Prozesse einsetzten und gestalteten, sei essenziell. Es müsse das Bewusstsein für Chancen der Digitalisierung geweckt werden.
Ermunterung zu Fehlerkultur und zum Experimentieren
Diplom-Ingenieur Martin Müller, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer, sagte ebenfalls, alle müssten an einem Tisch zusammenkommen und dort die gleiche Sprache sprechen. Dies sei um so wichtiger, als die Branche in kleinteiligen Netzwerken organisiert sei. Man brauche explizit auch das Handwerk, nicht zuletzt da Bauvorhaben zum überwiegenden Teil im Bestand erfolgten: Hier brauche es Menschen, die beispielsweise wüssten, wie die Beschichtung von Wänden gestaltet ist.
Walter Palmetshofer von der Open Knowledge Foundation Deutschland e. V. schließlich ermunterte zu Fehlerkultur und zum Experimentieren. Die Digitalisierung begünstige es, Dinge auszuprobieren. Er sagte dies auch mit Blick auf das Ziel, mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen.
Antrag von CDU/CSU und SPD
Ein nationales Kompetenzzentrum soll sich nach den Vorstellungen der Fraktionen CDU/CSU und SPD der Digitalisierung im Planungs- und Baubereich widmen. Ziel dieses Zentrums für Building Information Modeling (BIM) sei es, abgestimmte und einheitliche Vorgaben für den Hoch- und Infrastrukturbau im Bundesbau zu erstellen, erklären die Abgeordneten in ihrem Antrag (19/14341). Zudem gehe es um Beratung, Schulung und Normung. „Die vom Kompetenzzentrum erarbeiteten Standards und Produkte sollen der gesamten Wertschöpfungskette Bau zur Verfügung gestellt werden“, heißt es weiter. Die Abgeordneten erhoffen sich dadurch vor allem Unterstützung für mittlere und kleine Planungsbüros und Unternehmen bei der digitalen Transformation.
BIM ermöglicht auch dank virtueller Simulationen eine Digitalisierung der gesamten Planung, des Baus und der Gebäudeverwaltung sowie eine transparente Beteiligung aller am Prozess Mitwirkenden. Die Antragsteller erhoffen sich von einem verstärkten Einsatz der Anwendung neben einer Effizienzsteigerung einen optimierten Ressourceneinsatz und ein Minimieren von Risiken bei Kosten- und Terminüberschreitungen.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, bei eigenen Hochbauten auf digitale Verfahren zu setzen. Für den Hochbau lägen immense Potenziale in der Digitalisierung, allen voran mit der Methode Building Information Modeling (BIM), schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/14026). BIM basiert auf computergestützten Modellen und ermöglicht so neue Planungs- und Bauprozesse allein wegen der Möglichkeit des gleichzeitigen Zugriffs von Beteiligten und des transparenten Informationsflusses. Der Bund sei als Bauherr Vorbild und solle spätestens ab 2022 bei neu zu planenden Hochbauten BIM verpflichtend einführen.
Darüber hinaus solle in der anstehenden Verwaltungsvereinbarung zur sozialen Wohnraumförderung die Anwendung von BIM für den Neubau von Mehrfamilienhäusern ab 50 Wohneinheiten zur Förderbedingung gemacht werden. (pez/15.01.2020)
Quelle: https://www.bundestag.de